Lloret de Mar – ein Fest der Internationale
Das Haus der älteren Dame liegt oberhalb der lärmenden Stadt in einem kleinen Villengebiet, zu erreichen über eine kurvenreiche Straße, vorbei an abenteuerlich in den Berg gesprengten Villen. Das Haus und sie selbst scheinen mit den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts verbunden zu sein. In einer Welt hinter einer wunderschönen hohen Mauer, mit drei Katzen, die ihr zugelaufen sind. Die ältere Dame geht nur in die Stadt, um zum Arzt, zum Einkaufen oder zur Bank zu gehen. Es kommen der Gärtner, der Poolkeeper und einmal in der Woche eine Freundin.
Der Blick auf das Meer ist von hier aus fast frei, allerdings hat eine koruppte Verwaltung einen Neubau gegenüber erlaubt, der den Meerblick einschränkt. Es ist aber dennoch genug Blick vorhanden, auf das Meer, Lloret und Canyelle. Eine kleine Oase, eine Insel im Lärm der Welt, die mit der vergangenen Zeit scheinbar eine Endlosschleife beschreibt. Der Mann ist lange verstorben, ist aber in Erzählungen lebendig, die die Zeit hier hin und her schaukeln lassen.
Die Stadt, man muss fünf Minuten mit dem Auto hinunter fahren, wabert und bebt in der Juli Hitze. Lloret de Mar feiert die Internationale, die hier vollkommen erscheint. Menschen, die Jugend aus allen Ostblockländern, den Ländern der europäischen Gemeinschaft, aus Asien schleppen sich durch die Straßen der Plastikwelt. Sie sitzen halbnackt in den Restaurant, vertändigen sich wie Primaten, sabbern sich dabei das Eis auf das Kinn, auf die Bluse und aufs Hemd, essen glücklich scheinbar spanische Paella. All you can eat, all you can drink, and all you can hear: Jeder hat einen eigenen Lautsprecher mit eigener Musik dabei, billig zu haben in den Shops. Sie müssen laut sprechen um sich zu verständigen. Keiner hört, all you can app hängen die Köpfe. Aufgespritzte Lippen, Selfies, Fotos, Tatoos. Fröhliche Jugendliche, Gruppe von Jungen und Mädchen die wirklich ihren Spaß haben. Ihnen gehört der öffentliche Raum. Sie nehmen sich die Welt. Wie in Kalle Blomquist, der Meisterdektiv, wo ein alter Mann den Tagen der Kindheit nachhängt: ja, ja, glückliche Tage der Kindheit. Immer wiederholt vor sich hin brabbelt. Ja, ja, glückliche Tage der Kindheit, ja,ja. Und das Meer rauscht dagegen an. Ein Plastikfischer fischt darin, am Strand räumt ein Bagger das yes we can all you eat, drink, hear,cry, trash, der glücklichen Generation beiseite. In der Lloret sind auf großen Fahnen und Schildern riesige Ohren abgebildet, die auffordern, auf das eigenen Lärmen zu achten. Schütze Deine Ohren und die Deiner Mitmenschen!
Der ganze Schmelztiegel ganz ohne jegliche Aggressivität, vielleicht mit etwas Unmut. Manchmal lächelt jemand, fast entschuldigend, dass er da ist, den Weg kreuzt, wenn es sich in der Gasse staut. Ein seltenes, verstehendes Anlächeln unter den vielen Individuen die nur sich selbst sehen und optimieren. Wie eine Feier vor dem Pesttod. Dazu flattern die Fahnen der katalanischen Seperatisten von den Häusern, die Freiheit für die politischen Gefangenen und Freiheit für Puigdemont fordern – und einen eigenständigen Staat Katalonien.
Im Haus der alten Dame ist es ruhig. Das Meer in der Ferne glitzert und der Wind weht leise die Geräusche der all inclusive Welt herauf. Der kleine Pool lädt abseits der Massen glitzernd zum Baden ein. Er bietet nur Platz für wenige Glückliche.
Lloret, ist nicht das Ende, wahrscheinlich nicht. Im Gegenteil, möglicherweise das Pralle Leben, die Lust auf das Heute. Eine unbeschwerte Inbesitznahme der Stadt, des Strandes, der Straßen. Ein Fest des Lebens.