Beitragsbild Isabel Gärtner
Aus gutem Kupfer macht man keine Nägel.
Zwei Brüder saßen vor langer Zeit vor ihren gefüllten Reisschüsseln.
Der kleinere besaß die größere, bunt bemalte,
gefüllt mit einer großen Portion Reis und Gemüse.
Der größere Bruder war immer hungrig,
seine Schüssel war jedoch viel kleiner
und aus rohem Ton.
Als der große Bruder erwachsen wurde,
hatte er Angst, dass ihn seine Familie
wegen seiner Schwäche, gegenüber
der Stärke des kleinen Bruders,
mit dessen bunten, gut gefüllten Schüssel
verachten würde.
Er beschloss, alle Reissetzlinge,
die sein kleiner Bruder gepflanzt hatte,
auszureißen.
„Was nützt eine ungefüllte bunte Schüssel
vor der man mit leeren Magen sitzt“.
So begann er,
alle Reispflanzen auszureißen.
Doch dort wo die Reispflanzen standen, schossen
Kupferstäbe aus dem Boden,
der dem kleinen Bruder gehörte.
Das Kupfer fing an zu leuchten.
So berichteten die Leute,
was dem großen Bruder nicht gefiel.
Er stieg auf den hohen Berg vor den Toren der Stadt,
weil er sich selbst überzeugen wollte.
„Erst wer die Höhe des Berges erklommen hat,
vermag die Ebene zu übersehen“.
Er sah, dass auch auf seinen Feldern ein wenig Kupfer glühte
Nägel wollte er daraus machen.
Aber er wusste es besser:
„Aus gutem Kupfer macht man keine Nägel“.
Wie sollte er diese Art leuchtenden Hungers stillen?
Er stieg den Berg hinab
und ließ tausende Fackeln anzünden,
deren Rauch das Leuchten erlöschen sollte.
Der kleine Bruder schwieg dazu.
„Der Leise hat eine starke Stimme“, sagte er sich.
Daraufhin klopfte der große Bruder aufgebracht
bei seinem kleinen Bruder an die Tür.
Die Frau des kleinen Bruders
warnte davor, die Tür zu öffnen.
„Der leere Kessel macht den größten Krach
und trocken kocht er am schnellsten“,
sagte der kleine Bruder.
Fürchte dich nicht.
„Wenn aber draußen die Angst steht?“
„Ich habe Vertrauen“, entgegnete der kleine Bruder
und öffnete die Tür.
„Siehst Du, es ist niemand da“.