Margot (Ein Leben in Briefen) Teil 3

Tagebuch

Ein Leben in Briefen
Margots Tagebuch

 Liebes Tagebuch,

Briefe schreibe ich gern, aber man muss ja auch einmal etwas für sich behalten. Was mir schwerfällt, da ich immer geradeheraus rede. Insbesondere die Gedanken die unkontrolliert kommen und wieder verschwinden sollte ich für mich behalten. Gedanken, die dennoch ihre Spuren hinterlassen. Ich kann schließlich nicht alles in Briefen schreiben und probier’s mal hier, mich auszuquatschen. Mein Liebster ist schon lange weg, ein paar Tage jedenfalls. Mit seinen Parteigenossen in Puan Klent  auf Sylt. Genießet Genossen sag ich immer. Es gibt in den Tagungshäusern nämlich immer etwas Gutes zu essen. Was man in Hamburg nicht für alle sagen kann. Ich untertreibe. Die meisten schieben Kohldampf. Und nach der Arbeit gehen sie in den Nordseewellen baden. Sie wollen die Welt ein wenig besser machen, glaube ich.
Was ist das eigentlich für eine Arbeit, die freiwillige Selbstkontrolle. Sie gucken den ganzen Tag Filme, die das gemeine Volk nicht sehen darf. Das gemeine Volk. Ist doppelsinnig schön zutreffend, wie ich finde. Nichts soll durchkommen, was die schädlichen nationalen Gedanken animiert. Und nicht zu viel Gewalt und nacktes Fleisch darf zu sehen sein. Ein gemeines sich gemeinmachendes, gemein bleibendes Volk soll gerettet werden. Die Denunzianten, die jetzt freundlich grüßen und hinter vorgehaltener Hand beim Milchmann die Juden bedauern, die nicht mehr in ihrer großen Wohnung sind. Angeblich weggezogen, weil es ihnen hier nicht mehr gefiel.
Jedenfalls scheint die Arbeit wichtig zu sein. Natürlich politisch. Heinz ist ein politischer Mensch durch und durch. Das erstaunliche ist, dass er seine Überzeugung auch lebt. Soweit ich das beurteilen kann. Ziemlich gefährlich kann das sein, nicht nur für ihn, sondern auch für mich? Das frage ich manchmal. Schließlich hatte die Gestapo ihn verhaftet und er wurde für fast zwei Jahre eingebuchtet. Erst im KZ Fuhlsbüttel, dann auf Hahnöfersand. Ist mir gar nicht aufgefallen, als ich mit Adsche da vorbeigesegelt bin. Komisch, das habe ich nicht gewusst. Bin ich auch eine von denen, die nichts gewusst haben? Aber nein, schließlich habe ich beim Sport in der Schule nicht diesen absurden Gruß gemacht. Meine Hand war oft mit Gips verbunden. Das war meine Ausrede. Jedenfalls hatte Heinz da im Gefängnis gesessen, als ich vorbeigesegelt bin. Aber ich war auch erst 15 Jahre alt. Damals konnte ich nicht ahnen, was da für ein Mann sitzt. Einer der eine Haltung hat. Für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist er.  Darüber hat er schon als 15jähriger in seiner Schulabschlussarbeit geschrieben und Engels „Die Frau und der Sozialismus“ durchgearbeitet. Die Frau sollte genau so arbeiten wie ein Mann, überall mitbestimmen und Verantwortung tragen. Was wir Frauen wohl im Krieg gemacht haben. Männerarbeit! Also um Arbeit brauche ich mich auch heute nicht zu sorgen. Arbeit habe ich. Ich muss nur noch dauerhaft eingestellt werden. Aber die Geschäfte scheinen zu laufen. Vergessen sollte man die letzten Jahre vielleicht? Es hat sich unglaublich viel eingefressen. Welche weißgewaschenen Nazis wohl noch auftauchen? Wenn aber doch das Leben weitergeht? Schließlich darf man leben. Man muss!!! Es ist unendlich viel wieder aufzubauen. Was alles noch zerstört ist! Die Hamburger Straße, halb Winterhude, halb Hamburg. Wo soll das Geld herkommen? Ich habe jedenfalls keines über. Mein Bettlaken wird wohl mein Hochzeitskleid werden. Ob Heinz sich auch solche Gedanken macht? Ich hoffe, er hat die Hochzeit auf einem seiner vielen Zettel. Er schreibt alles Mögliche auf. Seine Zettel sind auf dem Tisch verteilt. Das er da durchblickt. An die Hochzeit werde ich ihn schon erinnern.

Hamburg 26. August 1949

Lieber Heinzelmann!

Ich hatte mal wieder mit einem Gruß von der Nordsee gerechnet. Pech, Du hattest wohl keine Zeit zu schreiben. Dafür lagen die beiden beiliegenden Reklamen im Briefkasten. Ich schicke sie dir mit.  Du sollst ja auch informiert sein. Hast du kein Geld mehr für Porto? Ach, du willst wohl noch mal 14 Tage frei sein was, mein Liebling? Ich zähle die Tage an den Fingern ab, bis du wiederkommst. Ich bemühe mich um viel Arbeit, damit ich das Alleinsein nicht zu sehr merke. Und du vergisst mich in der schönen Luft, Sonnenschein und Wasser. Wir haben Gewitter hier. Es blitzt und donnert wie doll, doch die Leute sind auf dem Balkon und auf der Straße. Da kann ich mich doch nicht fürchten. Ich habe den Tisch ans Fenster gestellt. Eine Abkühlung kann man das nicht nennen. Tagelang herrschen über 25°.
Heute wäre ich bald umgekommen im Geschäft. Die vielen Menschen in einem Raum. Es klappern die Schreibmaschinen, dass ich Kopfschmerzen bekomme. 11 Schreibmaschinen sind es schon. Man kann den Vorkämpfern für den Achtstundentag nur dankbar sein viel länger hält man es gewiss nicht aus, wir sind alle gegen Feierabend leicht gereizt. Vom Geschäft bin ich noch zu dir deine Wohnung, habe mich erholt, mir eine warme Milch gemacht und die Gardine vom Fenster abgenommen. Ist ja eher eine Decke. Ich habe sie gewaschen. Schäme dich, wie lange hatte sie kein Wasser gesehen? Zehnmal mindestens gespült und zweimal mit neuem Wasser gewaschen. Das schwere Ding. Wenn dir sonst noch etwas einfällt was gemacht werden muss, dann schreibe.
Ich habe die heute wieder Papier mitgebracht. Und da du hoffentlich nicht wieder ein Schlafanzug dort kaufen willst, könntest du zur Abwechslung mal eine Rolle Band mitbringen. Oder hast Du Deinen Schlafanzug schon wieder vergessen?
Heute hat mein Chef gefragt, ob ich womöglich noch in der Kirche bin. Weiß wer will, wo er das wieder her hat. Ich soll jetzt an einem Morgen frei bekommen und mich abmelden. Er schwärmt von „Anna“. Ich habe noch keine Anna gesehen. Ich habe heute ein neues Buch zu lesen angefangen und werde nachher noch ein Weilchen lesen.  (Joseph mit dem Manifest). Dann noch Strümpfe stopfen. Dabei ist es schon wieder recht spät. Man kommt zu nichts. Ja, nein, ja, nein, ja, nein, ja. Du hast Glück gehabt; ich habe eben an den Knöpfen abgezählt, ob ich diesen Brief morgen einstecke oder am Sonntag mit meinen Zeilen von morgen. Also geht der Brief auf die Reise, mit meinen besten Wünschen begleitet.

Ich küsse dich herzlich.

Immer deine Nicki.

P.S.: Ich habe ein Tagebuch eingerichtet. Mit dem kann ich mich wenigstens richtig unterhalten und bekomme sofort Antworten. Kein Grund, eifersüchtig zu sein!

The Dilemma With The Toiletpaper

The toilet paper dilemma – fallen out of the roll

Encounters on the toilet.

I have to say this in advance: People who deal with the appropriate, correct alignment of the toilet paper roll are predominantly sensitive, vulnerable, and emphatic people. They often deal with their own lives, the meaning in them, in search of themselves. Not all; of course. There are also perfectionists who are said to have a certain compulsiveness. Research shows that the toilet roll philosophy is an issue worldwide. At least where these roles are used, respectively, people afford this luxury. Half of humanity has already been left out of this view for social and economic reasons. Studies have shown that about two-thirds of those affected place the roll in such a way that it can be rolled forward. Turning to the users.  Let’s look at the area that is relevant to us. I was recently at a party with middle-aged people. The toilet was frequented in the usual size and style. The way of toilet roll attachment was mentioned casually, I do not remember if man or woman. Yes, it was a woman who noted the wrongly hung paper. Yes, she said wrong. Her husband prusted a restrained laugh in which he brought out the words, how can you hang them wrong.   It still worked for me, he added. Does it work? It is only right or wrong, the woman replied. You don’t care. The women present agreed that there was only one right,  the men confirmed the Egal holder of the toilet paper roll. The number of layers is crucial. And hard or soft.  However, the opinion solidified that something in the relationship would be wrong if the toilet paper roll were an issue. Someone said a topic. There is no right  Lust in the wrong another. I look at what someone says and disappear to the toilet. Reports on his empirical  experience and  research on the WWW: The word toilet paper is often used in connection with the following terms: Corona, toilet paper, roll, bathroom, Höcke, Björn, boxes, football, hamster purchases. A popular application example: The role is empty. In this case, it is difficult to see whether it was applied correctly or incorrectly. A conclusion of the conversation: Right stands for female, wrong for male. A carelessly male-hung role would indicate a relationship problem. For example: „Pass my ass“.  Objection: Conversely, the complaint of this perceived as incorrect hanging could, even more, indicate a problem. Cause and effect would be reversed. The effect is equally the cause.

As a guardrail for relationships, there is a solution: a roller holder with a lid. Here the roller can be hung correctly. However, this does not prevent the hair in the sink and the incorrectly expressed toothpaste tube.

Das Klopapier Dilemma

Das Klopapierdilemma – aus der Rolle gefallen

Begegnungen auf der Toilette.

Ich muss die Erkenntnis vorwegschicken: Menschen, die sich mit der angemessenen, richtigen Ausrichtung der Klopapierrolle beschäftigen, sind überwiegend sensible, vulnerable und emphatische Personen. Sie beschäftigen sich häufig mit ihrem eigenen Leben, dem Sinn darin, auf der Suche nach sich selbst. Nicht alle; selbstverständlich. Es gibt auch Perfektionisten, denen eine gewisse Zwanghaftigkeit nachgesagt wird. Untersuchungen zeigen, dass die Toilettenrollenphilosophie weltweit ein Thema ist. Jedenfalls dort, wo diese Rollen benutzt werden, beziehungsweise, die Menschen sich diesen Luxus leisten. Die Hälfte der Menschheit fällt also schon einmal aus sozialen und ökonomischen Gründen aus dieser Betrachtung heraus. Untersuchungen haben ergeben, dass etwa zweidrittel der Betroffenen die Rolle so platzieren, dass man sie nach vorne hin abrollen kann. Den Nutzenden zugewandt. Betrachten wir den für uns relevanten Bereich. Ich war kürzlich auf einer Party gemeinsam mit Menschen mittleren Alters. Die Toilette wurde im üblichen Maß und Stil frequentiert. Die Art und Weise der Toilettenrollenbefestigung wurde beiläufig erwähnt, ich weiß nicht mehr ob Mann oder Frau. Doch, es eine Frau, die das falsch aufgehängte Papier anmerkte. Ja, sie sagte falsch. Ihr Mann prustete ein zurückgehaltenes Lachen, in dem er die Worte, wie kann man die falsch aufhängen, hervorbrachte. Bei mir hat sie noch funktioniert, fügte er an. Funktioniert? Es gibt nur richtig oder falsch, entgegnete die Frau. Dir ist es ja egal. Die anwesenden Frauen stimmten zu, dass es nur ein richtig gäbe, die Männer bestätigten die Egal Halterung der Klopapierrolle. Die Anzahl der Lagen sei entscheidend. Und hart oder soft. Die Meinung verfestigte sich allerdings, dass etwas in der Beziehung nicht stimmen würde, wenn das mit der Klopapierrolle ein Thema wäre. Ein Scheißthema sagte jemand. Es gibt kein richtiges Leben im falschen ein anderer. Ich gucke mal sagt jemand und verschwindet auf die Toilette. Berichtet von seiner empirischen Erfahrung und der Nachforschung im WWW: Das Wort Klopapier wird häufig im Zusammenhang mit folgenden Begriffen verwendet: Corona, Toilettenpapier, Rolle, Badezimmer, Höcke, Björn, Kisten, Fußball, Hamsterkäufe. Ein beliebtes Anwendungsbeispiel: Die Rolle ist leer. In diesem Fall ist schwer erkennbar, ob sie richtig oder falsch angebracht wurde. Ein Fazit des Gespräches: Richtig steht für weiblich, falsch für männlich. Eine achtlos männlich aufgehängte Rolle würde auf ein Beziehungsproblem hinweisen. So etwa: „Geht mir am Arsch vorbei“. Einwand: Umgekehrt könnte die Reklamation dieses als fehlerhaft wahrgenommene Aufhängen erst recht auf ein Problem hinweisen. Ursache und Wirkung würden vertauscht. Die Wirkung ist gleichermaßen die Ursache.

Als eine Leitplanke für Beziehungen gibt es eine Lösung: Ein Rollenhalter mit Deckel. Hier lässt sich die Rolle richtig aufhängen. Das verhindert allerdings nicht die Haare im Waschbecken und die falsch ausgedrückte Zahnpastatube.

Aus dem Wochenblatt.Gendertanz mit Schneemann* und Schneefrau*

Aus dem Wochenblatt Gendertanz mit Schneemann* und Schneefrau*

Nachdem der Schneemann und die Schneefrau ihr Leben durch banales, aber wärmendes Hinschmelzen aufgegeben hatten, blieb die Genderfrage in der Diskussion in Form von Leserbriefen in der kostenlosen Wochenzeitung.
Eine Regenbogenfahne und ein Pappschild mit der Forderung nach Erhöhung des Mindestlohnes kennzeichneten als einzig verbliebene Lebenszeichen die Unglückstelle. Unbekannte hatten darauf hingewiesen, dass es Streit gegeben hatte. Erst hatte lediglich ein Schneemann auf der schmalen Straße, die in eine kleine, von Bürgern bewohnte Sackgasse führte, gestanden. Gespräche hätte es gegeben, wurde behauptet. Warum ein Schneemann und keine Schneefrau? Es wurde nachgebessert. Dann hätte die Frau zu große Brüste, beschwerten sich die Bürger und darauf wurde in den Leserbriefen Wert gelegt, Bürgerinnen. Oder doch BürgerInnen? Bürger*innen? Wie spricht man das eigentlich aus?, wenn man es vorliest? Eine Frau hatte sich beschwert, dass die Schneefrau kein Kopftuch trug. Es wurde nachgebessert. Beide Schneegestalten bekamen ein Kopftuch; die Brüste wurden ebenso entfernt wie die als anstößig wahrgenommene Gurken-Nase des Schneemannes. Sie wurde von nicht näher bezeichneten Menschen entfernt. Was insbesondere  Herr*in Müller und Frau Müllerin ärgerte, denn es war ihre Gurke gewesen. Witzbolde hatten die Schneegestalten mit einer Skala von 1-10 versehen, die sie aus Eicheln gestaltet hatten. Man, Mann, Frau und Frauin, Herr, Herr*in und Herrin, Herrchen und Frauchen Stern, Stern*in und Sternchen konnten sich demokratisch einlassen und das genaue Geschlecht bestimmen.