Abschied und Atemwende

Begegnung mit Paul Celan

Abschied und Atemwende

der bereits tot
wachsbleiche dünne Haut
am Ende seiner Tage
oder aller Tage

nur irgendein Werk vollbringen
vernichten was nicht wahr wird
irrlichtener Hammer
Lenin und Stalin sein

verlorenes, hilfloses Kind
ein Opfer das Opfer braucht
im Gleichgewicht zu bleiben
machtvoller Verlierer

Schiff ohne Hafen
Ukraina antwortet nicht
den Liebesschwur
im Bärenfell gegeben

Tote will er
seine Leere füllen
gebadet in Drachenblut
verwundbar

in den Spiegel blickend
das Nichts vor Augen
Volk außer Atem
Wendung der Welt

Atemwende

Begegnung: Paul Celan

„Halbzerfressener, masken-
gesichtiger Kragstein,
tief in der Augenschlitz-Krypta:

Hinein, hinauf
ins Schädelinnre,
wo du den Himmel umbrichst, wieder und wieder,
in Furche und Windung
pflanzt er sein Bild
das sich entwächst, entwächst.

Tumore


Tumore

Gedanken selbständig verantwortlich unkontrolliert wahr

„Ein Dröhnen: es ist
die Wahrheit selbst
unter die Menschen
getreten,
mitten ins
Methaperngestöber.“
(Paul Celan, Atemwende)

Explosion: Krampf
Etwas will
um sich greifen
sich Platz schaffen
da wo kein Platz ist
ungebeten

Wirbel zerbrechlich
dünn die Membrane
zwischen allem
verletzlich das
Weltgeschehen
geschieht

von einer feuchten Decke
Tropfen
in weiße Kissen
sanft aufgesogen
schwere Tränen
Meer

Traumbilder
Katze nicht Maus
was raus muss
weiß oder schwarz
Blick ins Tal hinauf
fallen

Worte widerfahren
sprachloses Sprechen
alles trifft
laut und leise
gespürt
Schmetterlingsschlag

Kraft
schöpfen
Gedanken
viele gebündelt
einen starken
Strang